Archive for the 'Tokyo' Category

Das Kind und der Abschied

November 28, 2006

Das Kind in mir ist stark und maechtig. Es bringt mich dazu, mit Mitte zwanzig Fussballbilder zu sammeln, an den unpassendsten Stellen dumme Witze zu machen und alles irgendwie unernst zu nehmen. Gestern hat es wieder aktiv in meine Freizeitgestaltung eingegriffen und mich ins Disneyland Tokyo entfuehrt.

Und was soll ich sagen: Es war cool! Allein schon die weihnachtliche Dekoration (die wahrscheinlich schon eine Weile haengt), die Weihnachtsparade, die Lichtershow, das Feuerwerk – mein inneres Kind war BEGEISTERT. Und dann die ganzen (richtigen) Kinder mit ihren offenen Muendern… genial. An Fahrgeschaeften hab ich natuerlich die Klassiker mitgenommen (Pirates of the Carribean z. B.), mich aber auch an eher exotischen Dingen wie Peter Pans Flight (was irgendwie sehr putzig gemacht war) oder Winney the Poohs Hunny Run versucht. Das hat mich irgendwie an Filme wie Monster AG erinnert: Fuer Kinder war es cool, weil es putzig und bunt war und Erwachsene und Halbkinder wie ich konnten sich zusaetzlich an der Technik und dem einen oder anderen Gag erfreuen.  Und natuerlich habe ich magenunfreundliche Dinge wie die Achterbahn Thunder Mountain aussen vorgelassen, ich kenn mich ja.

Auf dem Mississippi-Schaufelraddampfer bekam ich von ein paar begeisterten japanischen Collegekids so Anclip-Ohren geschenkt und musste mich exotischerweise mit ihnen fotografieren lassen. Aber sie waren sehr nett und konnten sogar „DANKE! DANKE!“ sagen… 😉

So und nun, nun ist mein Abschied aus Japan nur noch ein paar Stunden entfernt. Um 20:40 Uhr Ortszeit fliege ich von Tokyo nach Osaka und von dort um 23:55 Uhr nach Dubai. Und irgendwie wuerde es ja an dieser Stelle Zeit fuer eine Art Fazit, fuer ein paar weise, grosse, reflektierende Worte. Aber irgendwie will nichts rechtes raus aus meinem Kopf, ausser: Ich werde das hier alles verdammt vermissen.

Und: Ich freu mich auf euch.

Tokyo Hotel

November 26, 2006

Na gut, es ist in echt ein Ryokan (in dessen heisses Bad ich gleich auch noch steigen werde, direkt nach dem ich die Hostel-Chefin von ihrem Leid erloest habe – sie denkt naemlich seit einer Stunde, sie haette meine Handtuecher verschluert, aber mir ist gerade eingefallen, dass sie wohl doch in meiner Tasche stecken… mmh…).

Zunaechst mal kurz und knackig der Hinweis, dass mir gerade aufgefallen ist, dass mein Blog einen Kommentar-Spamfilter hat, der in den letzten Wochen insgesamt 6 Kommentare rausgefiltert hat, hinter meinem Ruecken, fieserweise. Zwei konnte ich wiederherstellen, der Rest ist wohl leider verloren. Also: An diejenigen, die hier mal kommentiert haben und sich nicht wiederfinden: Sorry, jetzt bin ich schlauer.

Ich bin also seit gestern Nachmittag in Tokyo, in dieser Riesenstadt. Bei SPIEGEL Online war vor kurzem ein Artikel ueber die Tokyoter U-Bahn, in dem stand, der Netzplan saehe aus wie Spaghetti. Und so fuehlt er sich auch an, also als Fahrgast. Man kann an fast jedem Bahnhof in irgendeine andere Linie umsteigen, jede Linie windet und schlaengelt sich und man muss aufpassen, dass man nicht versehentlich in ne andere Richtung faehrt. Dazu kommt ueberraschenderweise, dass die englische Beschilderung in dieser Millionenstadt teilweise schlechter ist als an meinen bisherigen Stationen. Aber es geht irgendwie und bisher hat es mir noch groessere Probleme bereitet, von der U-Bahn-Station zum Hostel zu gelangen…

Naja, jedenfalls ging es ja gestern, Samstag, Mittag mit dem Shinkansen von Kyoto nach Tokyo. Meinen eigentlichen Plan, den Samstag Morgen noch sightseeing-enderweise in Kyoto zu verbringen, hatte ich fallenlassen – zum Glueck, wie sich am Bahnhof rausstellte. Denn weil Wochenende war, war da die Hoelle los. Die Hoelle ist in diesem Fall ein Ort, an dem an jedem Schalter, an den Bussen zu den Sehenswuerdigkeiten oder an der Gepaeckabgabe mehrere hundert Menschen Schlange stehen und an dem ich eine Stunde laenger warten muss, weil alle reservierten Nichtraucher-Sitzplaetze in meinem Zug schon ausverkauft waren.

Den gestrigen Abend verbrachte ich spontan mit: Nachtleben. Denn mir war aufgefallen, dass ich diesem Aspekt der japanischen Kultur bisher nicht viel Aufmerksamkeit geschenkt hatte. Ergo ging ich, nach einem Abendessen und einem spontanen Jackenkauf im Hard Rock Cafe Tokyo, zunaechst einmal in „Bernds Bar“, eine deutsche Kneipe, die von einem seit ueber 20 Jahren hier lebenden Deutschen (Bernd) betrieben wird. Und ich glaube, an dieser Stelle ist das Wort „skurill“ angebracht. Denn Berd serviert seinen Gaesten nicht nur Jever, Bitburger, Weizenbier, Sauerkraut und aehnliches, er begruesst auch unglaublicherweise seine Gaeste ab und zu mit „NabeRnd!“ Der Mann hat Nerven! Nachdem ich meinen ersten Kulturschock ueberwunden hatte, bestellte ich ein Bitburger und kam mit den anderen deutschen an der Theke ins Gespraech. Sie arbeiteten alle seit 3 – 25 Jahren in Tokyo und schienen Stammgaeste bei Bernd zu sein.

Bernd selbst kennt sie alle und sich aus, seine Kneipe schmuecken zahlreiche Formel-1-Reliqiuen und Fotos mit Juergen Klinsmann (2002) und den Wahljapanern Guido Buchwald und Uwe Bein, enge Freunde von Bernd. Er wollte mir aber leider nicht verraten, wo Guido Buchwald, den es aus Japan fortzieht, in Deutschland seine fussballerischen Zelte aufschlagen wird („Er hat ein ganz grosses Angebot“!) Nein, ich will Bernd kein Unrecht tun, es war unterm Strich schon eine interessante Erfahrung da. Nur halt… skurill.

Den Abend beschloss ich in einem Irish Pub, in dem ich einen Englaender kennenlernte, der seit 15 Jahren in Tokyo arbeitet, obwohl er eigentlich nur fuenf Wochen bleiben wollte. Das nur mal so als Information an meine Mutter, die mir vor Antritt meiner Reise derartige Plaene strikt untersagt hatte… 😉 Der Abend wurde leider so lang, dass ich die letzte Bahn verpasste und 45 Minuten lang mit dem Taxi durch Tokyo gekurvt werden musste… war aber auch mal eine Erfahrung.

Den heutigen Tag habe ich dann, bedingt durch einen leichten Kater, mit ganz seichtem Sightseeing (und viel U-Bahn-Fahren) verbracht: Meji-Schrein, Einkaufsviertel Shinjuku (mit angrenzendem, sehr europaeisch angelegten Park) und ebenfalls Einkaufsviertel Ueno, wo ich aber den Nepperschlepperbauernfaenger-Angeboten widerstehen konnte und es bei einer Ananas am Stiel beliess.

Und jetzt bin ich muede.

Tokyo -> Fotos!

November 7, 2006

Am Sonntag ging es dann frueh Morgens nach Tokyo. Und direkt tat sich ein Problem auf, denn vor zehn Uhr tut sich an der Hostel-Rezeption GAR nichts. Da ich aber nicht den superschweren Rucksack mit nach Tokyo und zurueck schleppen wollte, musste ich den ja irgendwo lassen. Ich habe dann mal mein ganzes Menschheitsvertrauen zusammengerafft, den Rucksack an die Rezeption gestellt und hinterher Ryutaro da anrufen lassen – und siehe da: als ich wieder da war, lag er auf meinem Bett. Yeah! (Man muss dazu sagen, dass die Hostelzimmer sich nicht abschliessen lassen und ich nicht sicher war, ob mein Zimmer in der einen Nacht Abwesenheit anderweitig vergeben war, sonst haette ich den Rucksack gleich da gelassen.

ShinkansenNach Tokyo bin ich mit dem „Shinkansen“ gefahren, Japans schnellere Version dess ICEs. Damit laesst sich die Strecke Osaka-Tokyo, eine sechsstuendige Autofahrt, locker in drei Stunden schaffen. Und eine japanische Erfahrung ist es auch. Denn, liebe Leserinnen und Leser, die Verbeugung ist ja quasi der Haendedruck des Japaners. Auch wenn es hier heute den Meisten wohl nicht mehr so gelaeufig ist, wer sich eigentlich wie tief vor wem verbeugen soll, ist es in vielen Bereichen noch gang und gebe. So verbeugte sich der  Shinkansen-Schaffner jedes Mal sehr tief, wenn er zur Fahrkartenkontrolle durch den Wagen kam oder ihn wieder verliess. Wenn er einfach nur tatenlos durchging, reichte auch eine leichte Verbeugung. Ebenso die Dame, die staendig mit dem Essenswagen durch die Waggons kam: Tuer auf, Verbeugung, Durchgang, Verbeugung, Tuer zu. Das ganze wirkte aber nicht etwa laecherlich oder Fehl am Platze, sondern es verlieh dem ganzen einen sehr… mmh… eleganten, wuerdevollen Rahmen, fand ich.

In Tokyo angekommen, schleifte mein Freund Ryutaro mich gleich mal in das naechste traditionelle japanische Kleinrestaurant. Traditonell deswegen, weil neben „normalen“ Tischen auch japanische Tische dort standen, an denenn man nur im knien bzw. so-halb-dran-liegen (Zitat Ryutaro: kneeling cuts of the blood in my legs!) essen konnte. Es gab Tee (ja, liebe Leserinnen und Leser, ICH habe Tee getrunken!!).

GinzaDann machten wir eine kleine Stadttourm inklusive eines Besuchs des… ACHTUNG, KULTURWARNUNG! Asakusa-Kannon-Tempel, eines der bekanntesten touristischen Ziele Japans, mit einem riesigen Lampion vor dem Donnertor, vor dem hunderte Menschen Fotos machten (inklusive uns). Der Lampion scheint allerdings nicht so sehr traditionell zu sein, denn laut Ryutaro lautet die Inschrift unten am Lampion „Panasonic“, die Firma hat das Dingen scheinbar gestiftet… Teil des Tempels ist der goldene Schrein der Goettin der Barmherzigkeit, Sho Kannon. Es bringt Glueck, wenn man dort eine 50-Yen-Muenze reinwirft, zweimal in die Haende klatscht, sich etwas wuenscht, und noch einmal doppelt klatscht. Klar, das hab ich gemacht. Und ich habe mir auch den Rauch aus so einer grillartigen Feuerstelle zugefaechert, denn auch das bringt Glueck.

Weitere Stationen: Die grossartige Aussicht aus dem 45. Stock der Tokyoter Stadtverwaltung (leider war es zu nebelig um den Fuji zu sehen) und die Glitzermeile Ginza, die tagsueber von 8 bis 20 Uhr fuer Autos gesperrt ist (ich war dort uebrigens auch im Apple-Store, Herr Komander…!)

Sake!Die naechsten zwei Stunden verbrachten wir in einem weiteren Restaurant, wo wir jede Menge japanisches Essen (unter anderem fritierte Shrimps mit Augen… ich musste erst mal ein Rollenspiel mit dem Shrimp durchfuehren, bevor ich ihn so essen konnte…), japanisches Bier und den beruehmten Sake, einen milden Reiswein, zu uns nahmen. Exzellent und sicherlich ohne Ryus sprachliche Hilfe fuer mich nicht moeglich.

Dann fuhren wir in die Wohnung von Ryus Eltern, wo ich auch uebernachtete. Der Vater begruesste mich mit einem froehlichen „Guten Tag!“, ich war aber zu langsam, um darauf zu reagieren und dann war das Gespraech auch schon zwei Meter weiter… naja, er dachte vielleicht, er haette es nicht richtig gemacht… Die Nacht habe ich sehr, sehr traditionell japanisch auf einem Futon verbracht, dass auf Bastmatten ausgelegt wurde.

Zum Fruehstueck, und auch das ist gewoehnungsbeduerftig, aber sehr lecker, gab es Spiegelei, Suppe, Salat, Brot und eine asiatische Frucht, deren Namen ich leider schon wieder vergessen hab. Also eigentlich eine Art Brunch. Nur halt, dass in Japan wohl oft so gefruehstueckt wird.

Mittags ging es dann, da Ryu am Abend wieder arbeiten musste, fuer mich mit dem Bus zurueck zum Bahnhof. Die Busfahrt war meine erste Begegnung mit dem japanischen Linksverkehr aus der Fahrzeugperspektive und ich finde es nach wie vor irre, wie sehr ich immer umdenken muss. Ich waere als Fussgaenger mit Sicherheit schon zwei, drei Mal theoretisch draufgegangen, weil ich gewohnheitsgemaess immer erst links gucke, bevor ich ueber die Strasse gehe. Das nuetzt natuerlich so gar nichts, wenn die Autos von rechts kommen…

Gestern Abend war ich mit einigen meiner Hostel-Mitbewohner (Nigel aus Kanada, der in Suedkorea Englisch unterrichtet und vier Tage in Japan ist und Charlie, Pete und Laura aus England, die eine Weltreise machen) in Namba unterwegs, dem Vergnuegungsviertel Osakas. Highlight des Abends: Ich bleibe beinahe mit dem Kopf in einer Aufzugtuer stecken und ein verrueckter Japaner bombardiert mich mit Fussballernamen (Kaaaan! Schwaistaiga! Klosa!) – nein ernsthaft, ein sehr netter Abend, in der Tat. Ich bin auch endlich dazu gekommen, Tintenfischbaellchen zu essen, die leider etwas enttaeuschend waren.

Also, sayonara! (ich kann inzwischen Guten Tag, Auf Wiedersehen, Danke, Entschuldigen sie, scheisse, „ich haette gerne davon“ und Prost sagen! Oh, und „bitte“ und „wirklich?“ – alles sehr sinnvolle Sachen, finde ich.)